Gerhard Merz: Quotes
(zur deutschen Fassung)
People haven’t realized what a radical departure from earlier art has taken place in this century. They have continually tried to make the link from modern art to old art. That is the false path of abstract art, the Kandinsky way: If you look long enough, then some canon will come to mind, or a flying horse or some sort of tree stump, fern or the like. This Rohrschach syndrome appears when it is not made absolutely clear that truly abstract art contains absolutely no depictive elements but is a completely radical structure that exists parallel to nature. People will probably always stand in front of these paintings, musing, deep in meditation, and then suddenly the completely unintended images of modern paintings will appear. In reality, something completely different is intended.
The misunderstandings arose after 1945, when the artist was considered as a seismograph of the soul. You can see that, e.g., very clearly in the Neo Expressionism, where every artist thought that he had given expression to the innermost parts of his soul – but when he compared his works with other artworks that were created throughout the world, then he had to recognize that all of them looked very similar. When you paint intuitively, then you actually don’t paint your innermost soul, but you fall subject to what your elbow allows you to do. You will see, if you analyze these paintings in large numbers, that a similar pricipal of motion is always present, crosses and circles. When you let yourself go and don't construct, then you end up depicting the laws of motion of your elbow.
You assume that everyone’s life, including yours, is hopelessly messed up. Whatever you do is useless. Only in art – that would be the consolation – can you withstand what nature is, perhaps for 1/1000 of a second. That this enormous power flashes through, that nature inevitably appears beautiful. No matter how it expresses itself, whether harmoniously or in catastrophes, nature always appears beautiful because there is always a logical law behind it. To achieve something similar with art, without depicting nature, just on the basis of reason and the power of thought – that’s it!
There are only three things in the fine arts for me: measure, color and light. Those are the naked weapons of art, nothing else is relevant. Art as a grammar within a set horizon. Light gives the magic, the transformation of art.
Gerhard Merz: Zitate
Die Leute haben nicht realisiert, was für ein Abschied in diesem Jahrhundert von aller Kunst vorher genommen wurde. Sie haben immer versucht, die moderne irgendwie zur alten Kunst hin zu transzendieren. Das ist der Irrweg der abstrahierenden Kunst, der Kandinsky-Weg: Wenn man nur lange genug hinschaut, taucht doch noch eine Kanone auf oder ein fliehendes Pferd oder irgendwelche Baumstumpfreste, Farne oder sonst was. Dieses Rohrschach-Syndrom, wo nicht deutlich gemacht wird, dass die wirklich abstrakte Kunst überhaupt keine abbildenden Momente hat, sondern dass sie ganz radikal ein Schema parallel zur Natur ist. Das führt wahrscheinlich immer noch dazu, dass die Leute heute vor den Bildern stehen, brüten, sich versenken, meditieren, und dann tauchen die ganzen ungemeinten Bilder der Moderne auf. In Wirklichkeit ist etwas völlig anderes gemeint.
Die Missverständnisse entstehen nach 1945, wo man meinte, der Künstler sei ein Seismograph der Seele. Sie sehen das z.B. ganz deutlich bei der Wilden Malerei, wo jeder einzelne Autor dieser Bilder meinte, er habe das Innerste zu äußerst gebracht – wenn er das aber mit Kunstwerken vergleicht, die überall auf der Welt gemacht werden, muss er zur Kenntnis nehmen, dass die alle sehr ähnlich aussehen. Wenn Sie intuitiv malen, malen Sie nämlich nicht das Innerste ab, sondern Sie verfallen dem, was Ihr Ellbogen Ihnen ermöglicht. Sie werden, wenn Sie diese Bilder in Massen analysieren, feststellen, dass da immer ein ähnlicher Bewegungskanon ist: das X-en und das Kreisen. Wenn Sie sich gehenlassen und nicht konstruieren, bilden Sie eben das Bewegungsgesetz des Ellbogens ab.
Du gehst davon aus, dass jedermanns Leben und auch deins hoffnungslos missraten ist. Was du auch machst, nützt nichts. Nur in der Kunst kann man für ganz kurze Momente diese Demonstration vollführen, dass man dem, was Natur ist, vielleicht für eine tausendstel Sekunde standhält. Dass irgendetwas durchblitzt wie diese enorme Kraft, dass Natur zwangsläufig schön erscheint. Wie sie sich auch äußert, ob sie sich harmonisch oder in Katastrophen äußert – sie erscheint immer schön. Mit Kunst so etwas Ähnliches zu erreichen, parallel, ohne abzubilden, nur auf Grund von Vernunft und Denkkraft – das ist es!
Für mich gibt es nur drei Sachen in der Bildenden Kunst: Maß, Farbe, Licht. Das sind die nackten Waffen der Kunst, mehr ist nicht los. Kunst als Anordnungsnotwendigkeit, eine Grammatik innerhalb gesetzter Horizonte. Das Licht gibt den Zauber, die Verwandlung der Kunst.
