Sergiu Celibidache: Quotes

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Film: » Celibidache – You Don’t Want Anything, You Let it Evolve «

(zur deutschen Fassung)

You can’t do anything other than let it happen. You just let it evolve. You don’t do anything yourself. All you do is make sure that nothing disturbs this wonderful creation in any way. You are extremely active and at the same time extremely passive. You don’t do anything; you just let it evolve.

A rehearsal is not music. A rehearsal is the sum of uncountable ‘nos’. ‘Not too far, not too loud, not above the bassoon, not so dull.’ How many ‘nos’ are there? Billions. And how many ‘yeses’? Just one.

That is the complete training. You have to do at your seats what I am doing at mine. You have to conduct with me. We react spontaneously to what we hear, that is, functionally, as is necessary. Not "this is marked piano, this is marked forte…" – no one is interested in that.

I don’t know if that gives you an idea of what I would like: to emanate from what already exists. The way oil spreads, becoming wider and wider and wider. Not so pointed. Those are notes, but not yet music.

What is the "interpretation" in what we are doing here? It’s nothing else but finding out what the composer had in mind. He starts from an experience and looks for the notes. We start with the notes to come to his experience.

When I criticize him like this he is losing his spontaneity. He will have to find reality by himself. Reality which cannot be ‘interpreted’. There are facts that exist even when we don’t see them. The whole morning we did nothing but try to find this reality behind the notes. We never said: "You have to do it like this!" Instead: You have to discover what exists, beyond ourselves. I could explain to him: "The phrase is like this", and he would imitate Celibidache. – I insist that he himself finds out that he went beyond the notes without making them his own, without humanizing them.

What is the sense of a musical phrase? "Tata hee hoo hii doo pff." Why is this senseless? Because the beginning has no relation to the end. A sequence of tones follows a structure which finally connects the beginning with the end. When do I know that a piece has come to its end? I know it when the end is in the beginning. When the end keeps what the beginning promised. Continuity doesn’t mean: to go from one moment to the next, but: after going through many moments to experience timelessness. That is where beginning and end live together: in the now. What is required to experience any structure as a whole? The absolute interrelation between the individual parts. When I don’t feel the parts but the whole, what did my mind do? Integrate.

What did I learn from Furtwängler? One idea which opened all doors for my whole life and for all my studies: When the young Celibidache asked him: "Maestro, this transition in this Bruckner symphony – how fast is it? What do you beat there?" "What do you mean by 'how fast'? he replied. It depends on what it sounds like! When it sounds rich and deep I get slower, when it sounds dry and brittle I have to get faster." He adjusts according to what he actually hears! According to the actual result, and not to a theory! "92 beats per minute." – What does ‘92’ mean in the Berlin Philharmonic, and what does it mean in Munich or in Vienna? What nonsense! Each concerthall, each piece and each movement has its individual tempo which represents a unique situation.

Something starts to move, but you don’t notice that it is moving in time. If anyone has the feeling it is either too long or too short, he is already out of the music. Here you can somehow live beyond time. In this sense music has no duration in time. In any normal concert you are out of it all the time. In a hundred concerts a year, if there are three where you somehow stayed with it – that would be a lot.



Sergiu Celibidache: Zitate

Sie können auch nicht anders, als es geschehen lassen. Sie lassen es entstehen. Man tut selbst nichts. Man sieht aber zu, dass nichts dazwischenkommt, was diese Entstehung, diese wunderbare Entstehung, irgendwie hindern könnte. Also, man ist unglaublich aktiv, und in der gleichen Zeit unglaublich passiv. Man will nichts, man lässt es entstehen.

Eine Probe ist keine Musik. Eine Probe ist eine Summe von unzähligen » Nein! «. » Nicht so schnell! Nicht über dem Fagott! Nicht so laut! Nicht so flau! Nein, nicht so! Nein, nicht, nicht! « Wie viele » Nicht « gibt es? Billionen. Und wie viele Ja? Nur eins!

Das ist die ganze Erziehung: Sie müssen, von Ihrem Platz aus, das tun, was ich von meinem aus tue. Mitdirigieren. Wir reagieren spontan auf das, was wir hören, d. h. funktionell, je nach dem Bedarf. Nicht » da steht piano, da steht forte « – das interessiert keinen Menschen!

Ich weiß nicht, ob Ihnen das eine Idee von dem gibt, was ich möchte: Aus dem Bestehenden weiter. Wie ein Ölfleck sich ausbreitet – immer weiter und immer weiter und immer weiter. Nicht solche Spitzen. Das sind Töne, das ist noch keine Musik.

Was ist an dem, was wir hier tun, Interpretation? Wir tun nichts anderes als herausfinden, was der Komponist wollte. Denn er hatte ein Erlebnis und suchte nach der Kurzschrift, um es aufschreiben zu können. Wir fangen bei der Kurzschrift an, um zu seinem Erlebnis zu gelangen.

Wenn ich ihn so kritisiere, verliert er die Spontanität. Er muss mit seinen eigenen Mitteln zur Wirklichkeit gelangen, die nicht zu interpretieren ist. Zu den Tatsachen, die bestehen, auch wenn wir sie nicht erkennen. Den ganzen Morgen über haben wir nichts anderes gemacht, als die Wirklichkeit hinter den Noten zu finden. Wir haben nie gesagt: » Das macht man so! « Stattdessen: Entdecken, was ist, außerhalb von uns, jenseits von jedem Versuch des Willens, es zu ergreifen. Ich könnte ihm sagen: » Die Phrase geht so und so «, und er würde Celibidache nachmachen. Stattdessen bestehe ich darauf, dass er sich selber klarmacht, dass er hinter die Noten gegangen war, ohne sie sich angeeignet, ohne sie vermenschlicht zu haben.

Was ist in einer musikalischen Phrase der Sinn? Tata hee hoo hii hoo pff. Warum ist das sinnlos? Weil der Anfang mit dem Ende nichts zu tun hat. Sowohl die Nacheinanderreihung der Töne gehorcht einer Struktur, um Anfang und Ende zusammenzubringen, genau wie die Begriffe einer Struktur gehorchen, damit Ende und Anfang zusammenfallen. Wann weiß ich, dass ein Stück zuendegegangen ist? Wenn das Ende im Anfang ist. Wenn die Materialisierung des Endes das ist, was mit der Anfang versprochen hat. Zusammenhang heißt nicht: von einem Augenblick zum nächsten, sondern: nachdem ich durch soundsoviele Augenblicke gegangen bin, die Zeitlosigkeit zu erfahren, da wo Anfang und Ende zusammenleben: in dem Jetzt. Die Struktur als ein Ganzes zu erleben, setzt was voraus? Anfang und Ende und absoluten Bezug der Teile zueinander. Wenn ich nicht die Teile empfinde, sondern das Ganze – was hat mein Geist dann getan? Reduziert. Wann kann ich reduzieren? Wenn es zwischen den Teilen Beziehungen gibt.

Was habe ich von Furtwängler gelernt? Diesen einen Gedanke, der mir alle Türen für mein ganzes Leben und für meine ganze Untersuchung geöffnet hat – diesen einen Satz: Als der junge Celibidache ihn gefragt hat: » Meister, wie geht dieser Übergang bei dieser Bruckner-Symphonie, von dem zu dem da, wie macht man das? Wie schnell, und was schlagen Sie da? « Da sagt er: » Wieso wie schnell? Je nachdem wie es klingt! « Also nicht Tempo als physikalische Angelegenheit, sondern Tempo als Bedingung, dass die Vielfalt zu einer Eins, die vom menschlichen Geist bearbeitet werden kann, weil der selber eine Eins ist, reduziert wird. Nichts anderes! » Je nachdem, wie es klingt. Klingt es reich und tief und überall gleich, werde ich breiter, klingt es trocken und flüchtig, muss ich schneller werden. « Das heißt, er ist auf das Hören eingestellt, auf das, was tatsächlich herauskommt, was tatsächlich mitspielt und nicht auf eine Theorie. Metronom-Angabe » 92 «. Was ist 92? Was ist 92 in der Berliner Philharmonie, was ist 92 in der Münchener Philharmonie, und was ist 92 im Musikverein Wien? Eine Idiotie! Denn jeder Saal, jedes Stück, jeder Satz hat ein eigenes, absolutes Tempo, was diese Situation – nicht eine andere – wiedergibt.

Etwas fängt an irgendwie zu laufen, aber dir ist nicht klar, dass es läuft, zeitmäßig. Wenn einer das Gefühl hat, es ist zu lang oder zu kurz, ist er schon draußen. Hier kann man irgendwie außerhalb der Zeit leben. In diesem Sinn dauert Musik auch nicht. Bei einem normalen Konzert steigst du die ganze Zeit aus. Bei hundert Konzerten im Jahr – wenn es drei gibt, wo man einigermaßen dabeigeblieben ist, ist das viel.

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